Hué - Hoi An - Nha Trang - Mui Ne, Zentral- und Süd - Vietnam, 3. November

Ich sitze gerade im Bus von Mui Ne nach Saigon. Draußen eine brütende Hitze, innen nicht viel besser. Der Bus schaukelt (wegen der schlechten Straßen und wahrscheinlich wegen nicht mehr funktionierenden Stoßdämpfern) als hätten wir hohen Wellengang. Ständig überholt der Fahrer langsamere Autos, LKWs und Busse, befindet sich also zu 50 % auf der linken und damit falschen Straßenseite. Das scheint ihn nicht zu stören. Die anderen Passagiere schlafen, um das Elend nicht zu sehen. Denn der Bus gibt auch sonst noch Geräusche von sich, die normalerweise von Bussen nicht zu erwarten sind. Ich denke mir, ich schreibe besser einen Bericht, um von der holperigen Fahrt nicht allzu viel mitzubekommen. Wo waren wir stehengeblieben das letzte Mal?

Bei Hué, der alten Kaiserstadt, vor Wochen noch überschwemmt. Als wir kommen, ist das Wasser verschwunden. Wir mieten Fahrräder, um die Stadt und die Umgebung zu erkunden. Leider sind die Räder von der Größe her eher für die deutlich kleineren Vietnamesen gedacht und so radeln wir, die Knie fast unter den Achseln, die Hügel rauf und runter.

Hue Zitadelle Vietnam

Die Zitadelle zeugt noch vom alten Glanz Hués, als von hier aus Vietnam regiert wurde. Sie beherrscht die Stadt und es ist ein absolutes Muss, sie sich anzuschauen.

Hue Zitadelle VietnamVon Hué nach Hoi An, der kleinen Perle in Zentral-Vietnam, nehmen wir wieder den Bus. Hoi An wurde früher von den chinesischen Einwanderern beherrscht und die Altstadt wird dominiert von hunderten kleiner Läden, die im Stil der Chinesen gebaut wurden. Eigentlich ist Hoi An für seine Schneiderkunst bekannt. Hier kann man sich maßgeschneiderte Kleidung machen lassen. Da wir aber nicht so sehr auf Seidenkleidchen stehen und die Rucksäcke eh zu voll sind, machen wir lieber einen Kochkurs. Ich liebe es ja eh, zu kochen und besitze zuhause bereits zwei vietnamesische Kochbücher (neben vielen anderen).

Hoi An Zentral - Vietnam

Das beschauliche Hoi An wird von Booten dominiert, in der Altstadt sind nur Motorroller und Räder erlaubt, was die Liebenswürdigkeit des Örtchens deutlich steigert. Endlich etwas Abstand von hupenden Autos und Bussen!

Unsere neuen australischen Freunde Judy und Neil, die wir in der Halong Bucht kennengelernt haben, sind zeitgleich mit uns in Hoi An. Sie haben als begeisterte Hobbyköche schon ihren Kochkurs gemacht und begleiten uns, um unsere Aktionen zu fotografieren und zu filmen. Der Chef des Restaurants Red Bridge erwartet uns schon und glücklicherweise sind wir nur zu dritt (inklusive Cheffe persönlich). Dementsprechend intensiv geht es zur Sache.

Hoi An Kochkurs Vietnam  Beate Steger

Wir kochen zusammen drei Gerichte, Frühlingsrollen, einen Salat und ein Fischgericht, wobei wir mehr schnipseln und schneiden und der Chef die schwierigen Parts übernimmt. Immerhin lernen wir, wie Frühlingsrollen gerollt werden, was meiner einer durch früheren Spargelverkauf (meine Eltern hatten einen Spargelacker, und die Spargel wurden in Zeitungspapier eingewickelt an die Nachbarn und Freunde verkauft) mit Bravour beherrscht.

Hoi An Kochkurs Vietnam

In der vietnamesischen Küche spielt nicht nur der Geschmack eine Rolle, sondern auch das Aussehen. Also zeigt uns der Chef, wie man eine Tomate kunstvoll bearbeitet, so dass zum Schluss eine Rose auf dem Salat thront. (Wer das sehen will, muss den Vortrag von mir besuchen :-)). Bei der Aufwändigkeit für dieses Prozedere glaube ich, dass ich beim Nachkochen mehr auf den Geschmack achten werde, und der Deko nicht so viel Aufmerksamkeit schenken kann.

Nach Hoi An führt uns die Reise weiter nach Nha Trang. Endlich an der Küste, die man trotz ewig langer Küstenlinie in Vietnam kaum zu sehen bekommt. Nha Trang war 2003 der Ort, an dem wir unsere Radreise beendet hatten und es weiter ging mit Motoroller und Zug, weil die Zeit knapp wurde. Interessant für uns ist es zu sehen, wie sich die Stadt verändert hat.

Nha Trang Strand Vietnam

Aber eigentlich ist Nha Trang nicht der Hit. Die Stadt ist sehr weitläufig, also mieten wir einen Motorroller, damit wir flexibel alles anschauen können. Die Hotels möchten einem am liebsten eine vorgefertigte Tour zu den Inseln verkaufen, Inseln, die direkt vor Nha Trang liegen und wunderschön sein sollen. Die Tour dauert den ganzen Tag und kostet nur schlappe 7 Dollar. Wir möchten das nicht, denn wie viel kann man an einem Tag von vier Inseln sehen? Also nehmen wir unseren Roller, fahren raus zum Hafen, ca. 3 km außerhalb des Stadtzentrums und gehen auf die Fähre rüber nach Mon Hieu, der ersten Insel. Die Fähre wird ausschließlich von Einheimischen benutzt, nur mit dem Namen der Insel auf einem Zettel schaffen wir es uns zu verständigen und unser Ziel zu benennen.

Insel Mon Hieu vor Nha Trang Vietnam

Wir erleben eine ursprüngliche Insel, die Bevölkerung lebt vom Fischfang und hat bisher wenig Touristen gesehen. Wenn die kommen, landen die nämlich an der anderen Seite der Insel (nicht dort, wo der Ort ist) und Touristen und Einheimische kommen so überhaupt nicht miteinander in Berührung. Wir werden insbesondere von den Kindern angeschaut, als kämen wir vom Mars. Trotzdem werden wir freundlich begrüßt und behandelt, und die übliche Masche, uns ständig etwas verkaufen zu wollen, entfällt hier. Das einzig nicht so schöne ist allerdings, dass die Menschen hier das Meer nicht nur als Nahrungs- und Einkommensquelle benutzen, sondern auch als Müllhalde. Später treffen wir eine reisende Chinesin, die wir schon desöfteren im Bus gesehen und gesprochen haben, und sie erzählt uns von der 7-Dollar-Tour auf die vier Inseln. Die sieben Dollar galten nur für das Boot, die Leute sollten Reiswein trinken ohne Ende, und natürlich bezahlen. Und wenn man an Land gehen wollte, sprich auf eine der Insel, kostete das noch mal extra. Da hatten wir doch alles richtig gemacht :-)).

Als Abstecher vor Saigon haben wir uns Mui Ne ausgesucht. Ein Küstenort berühmt für seine Dünen und jegliche Art von Wassersport, wie z.B. Kitesurfing. Zehn Kilometer lang ist der Ort direkt am Meer, ohne Motorroller ist man hier entweder Dauerläufer oder aufgeschmissen. Also mieten wir wieder einen, dieses Mal einen schicken roten Flitzer. Damit sausen wir den Ort rauf und runter, dann zu den Dünen und entdecken wieder Besonderheiten abseits der Touristenströme.

Mui Ne Fischerdorf Vietnam

Auf dem Weg zurück vom Sonnenaufgang (wir sind doch tatsächlich um vier Uhr morgens!!! aufgestanden, um den Sonnenaufgang über den Dünen zu erleben, und dann wurde es einfach nur hell und die Sonne kam nie hinter den Wolken hervor) sahen wir zufällig, wie die Fischer zurück kamen mit ihren vollbeladenen Booten. Der Strand wimmelte nur so von Booten und Menschen und jetzt war es an den Frauen, den Fang, bestehend aus Muscheln, Seeschnecken und anderem Getier, marktfertig vorzubereiten.

Duenen von Mui Ne Vietnam

Nachmittags waren wir dann auf der Suche nach dem Märchenfluss und einem Wasserfall. Natürlich werden auch dorthin wieder fertige Touren verkauft, also ist es gar nicht im Sinne der Vietnamesen, dass man eine solchen Sehenswürdigkeit auf eigene Faust findet. Schilder dorthin sind absolute Fehlanzeige. Wir wussten, dass wir die Straße vor dem Fischerort hinter Mui Ne nach links nehmen mussten, dann zu geradeaus bis zu einer kleinen Brücke und das war alles an Wegbeschreibung. Wir hatten keine Chance, den Märchenfluss zu finden und kurvten durch die Gegend.

Kinder Mui Ne Vietnam

Die Kinder wissen noch nichts von den fertigen Touren bzw. sie haben ihre eigenen Einnahmequellen entdeckt. Just entdeckte uns ein etwa zehnjähriger Junge, der gerade seine kleine Schwester auf dem Rad von der Schule nach Hause transportierte. Sofort kommunizierte er mit uns in radebrechendem Englisch, ob wir auf der Suche nach dem "Waterfall" wären. Ja klar, sagten wir, genau den suchen wir. Sofort wurde die Schwester abgesetzt und er sauste vor uns auf seinem Rad davon. Dann wurden noch zwei weitere Mitstreiter aufgegabelt, ein Mädchen und ein weiterer Junge. Letzterer entpuppte sich als der Anführer der Truppe. Wir folgten einem sandigen kleinen Pfad abseits der Straße, den wir nie als Weg zum Märchenfluss plus Wasserfall identifiziert hätten.

Mui Ne Maerchenfluss Vietnam

Nach dem kleinen Pfad vorbei an Palmen und Bananenstauden, durch zwei kleine Reisfelder und vorbei an einem einsamen Wohnhaus waren wir da. Uns stand der Mund offen. Mit so etwas hatten wir niemals gerechnet. Der Grand Canyon in Miniaturformat, ein bisschen Australien mit roter Erde des Outbacks, dazu ein kleiner Fluss, der sich seinen Weg durch die vielen sandigen Farben bahnt, unglaublich.

Mui Ne Maerchenfluss Vietnam

Auch so kann Vietnam also aussehen. Wir waren so begeistert, dass wir heute noch mal alleine hingefahren sind, um ein bisschen Ruhe und Schönheit zu tanken, bevor die Hektik und der Lärm Saigons uns umfangen. Das tut es jetzt gerade auch. Wir haben alleine zwei Stunden nach Saigon rein gebraucht mit dem Bus. So viel Verkehr ist einfach nicht zu glauben. Jetzt sind es deutlich mehr Busse, Autos und LKWs als vor acht Jahren. Wir haben ein schönes Zimmer unterm Dach in einem Guesthouse gefunden, ein bisschen weg von dem Lärm. Und jetzt suchen wir nach Judy und Neil, die wir auch schon in Saigon vermuten. Mit ihnen werden wir demnächst ins Mekong Delta gehen.